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Datum : 21.06.1995
Nr.   : 376
Thema : Gauck / Stasi


Erneut Manipulation der Gauck-Behörde nachgewiesen

Die stellvertretende Vorsitzende der PDS im Bundestag, Prof. Dr. Christa Luft, erklärt:

Auf meinen Antrag hin habe ich diese Woche Einsicht in meine Akte bei der Gauck-Behörde nehmen können. Meine Vermutung, die ich unmittelbar nach Überreichung der Unterlagen Ende Mai an die Bundestagspräsidentin geäußert habe, hat sich bestätigt. Die Gauck-Behörde hat mir vor der Bundestagswahl wahrheitswidrig Auskunft erteilt und eine Bekanntgabe ihrer Informationen zurückgehalten: Die in der Gauck-Behörde vorhandene, mich betreffende Akte des MfS HA II/6 Nr. 216 weist aus, daß die darin enthaltenen Seiten am 9.5.94 von der Gauck-Behörde gezählt wurden. Vermutlich erfolgte dies in Bearbeitung des Überprüfungsantrags, den die Berliner PDS-Landesvorsitzende im März 1994, vor meiner Kandidatur zum Bundestag, gestellt hatte. Gut vier Monate nach der Seitenregistrierung in der Gauck-Behörde, am 14.9.94, erging die schriftliche Auskunft der Gauck-Behörde, daß es keine Unterlagen über meine Person geben würde. Wie bekannt, erfolgte Ende Mai dieses Jahres, gleichzeitig mit der Überreichung des Gutachtens gegen Gregor Gysi, die gegenteilige Auskunft zu mir. Ich kann darin keinen Zufall sehen. Offensichtlich gibt es eine sehr langfristige Dramaturgie innerhalb der Gauck-Behörde, wann und unter welchen Umständen Informationen über bestimmte Personen lanciert werden.

Es kommt etwas hinzu: Ich bin erschrocken, was ich an Details über die Operative Personenkontrolle erfahren mußte, die das MfS 1977 gegen mich eingeleitet hat. Das MfS hatte sich Nachschlüssel zu meiner Wohnung anfertigen lassen und diese bis 1989 in ihrem Besitz. Die Vorstellung, daß die Stasi sich weit über zehn Jahre hinaus Zugang zu meiner Wohnung verschaffen konnte und nicht zu wissen, wann und wie oft dies möglicherweise tatsächlich geschah, beunruhigt mich zutiefst. Seit Übernahme der MfS-Bestände durch die Gauck-Behörde befindet sich mein Wohnungsschlüssel nun im Besitz der Gauck-Behörde, ohne daß diese mich jemals darüber informiert, den Schlüssel vernichtet oder mir ausgehändigt hätte, nicht einmal jetzt. Ich frage, mit welchem Recht dies geschieht.

Und eine Anmerkung zu den Medien: Die FAZ hatte am 12. Juni im Zusammenhang mit einem Bericht von »Report« (München) geschrieben, daß die mich betreffenden Stasi-Unterlagen »kürzlich in einer Opferakte gefunden« wurden. Es war nicht »eine«, sondern meine Opferakte, in der diese »gefunden« wurden. Eine Kleinigkeit? Nicht für mich - und vermutlich auch nicht in der Wirkung, die die FAZ damit erzielen wollte.

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