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Datum : 18.11.1996
Nr.   : 1249
Thema : Gauck/Wehrmacht


Zwerenz wünscht öffentliches Gespräch mit Gauck und die Hamburger Wehrmachtsausstellung ins Bonner Parlament

Anläßlich des Buß- und Bettags erklärt der friedenspolitische Sprecher der PDS-Bundestagsgruppe, Gerhard Zwerenz:

Am Freitag, dem 15.11.1996, eröffneten im Bundestags-Foyer die Präsidentin des Deutschen Bundestages und der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen die Ausstellung »Staatssicherheit - Garant der SED-Diktatur«. Ich war wie jeder MdB dazu eingeladen.

Um 12.30 Uhr ergab sich dabei folgender kurzer Dialog:

Zwerenz: Guten Tag, Herr Gauck, mein Name ist Zwerenz. Gauck: Ich weiß. Ich kenne Sie doch, Herr Zwerenz. Zwerenz: Von allen heute hier Anwesenden habe ich wohl die längste Stasi-Akte. Sie reicht von 1956 bis 1989. Gauck: Aber das weiß ich doch, Herr Zwerenz. Zwerenz: Und ich weiß, daß Sie das wissen, Herr Gauck. Gauck: Deshalb verwundern mich doch manche Ihrer Äußerungen. Zwerenz: Darüber sollten wir mal sprechen, Herr Gauck. Gauck: Ja, darüber sollten wir wirklich mal sprechen, Herr Zwerenz.

Ich erkläre hiermit erneut meinen Wunsch nach einem Gespräch mit Herrn Gauck, intern, wenn es sein muß, lieber aber öffentlich, am liebsten in Bonn als nachdenkliche Begleitung der Ausstellung.

Mögliches Thema: Vom Sinn und Wahnsinn der Stasi-Aktenberge oder Haben wir noch die freie Wahl zwischen Rache und Versöhnung?

Zugleich schlage ich vor, der Staatssicherheitsausstellung am gleichen Ort im Bundestag die Wanderausstellung »Vernichtungskrieg - Verbrechen der Wehrmacht 1941-1944« des Hamburger Instituts für Sozialforschung folgen zu lassen. Das ist notwendig, weil der Kalte Krieg aus dem 2. Weltkrieg resultierte, die Verbrechen der Wehrmacht heute noch von Politikern und Militärs relativiert werden und die Hamburger Ausstellung diskreditiert wird. Weil schließlich neuentdeckte Dokumente zeigen, daß die Wehrmacht noch schuldhafter am rassistischen Vernichtungskrieg beteiligt war als es selbst die Hamburger Ausstellung zeigen konnte.

Der Umstand, daß der Bundeskanzler die Hamburger Ausstellung nicht mag, sollte die Parlamentarier nicht an der Horizonterweiterung hindern, die so möglich würde.

Überdies würde ich mit Herrn Gauck auch gern über die Wehrmachtsausstellung öffentlich reden, denn in der Abfolge von Ursache und Wirkung sowie der Analyse von Nazismus und Antinazismus sind gewiß einige Klarstellungen notwendig. Beide Ausstellungen, dazu noch an solchem Ort, können nur der Aufklärung und Information dienen, woran bei den Volksvertretern gewiß allseits Interesse besteht. Unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit und ganz der Wahrheit und ihrem Gewissen verpflichtet.

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