Der 13. August 1961 aus der Sicht eines Juristen

von Erich Buchholz

Das Thema ist außerordentlich komplex und vielschichtig. Es wird ebenso konträr diskutiert, je nach dem betreffenden Standpunkt und der betreffenden Sichtweise. Auch sind unterschiedliche Sichtweisen in der Zeit-Achse zu beobachten, ob nämlich aus der Sicht des späten Sommer 1961 oder aus der Sicht des Frühjahrs 2001 diskutiert wird.

Die juristische Beurteilung der Vorgänge des 13. August 1961 und ihrer Folgen ist nicht weniger komplex und gegensätzlich. Es bewahrheitet sich, dass es - namentlich auf diesem Gebiet - kein Recht jenseits der Politik gibt. Und Juristen haben sowohl für die eine wie für die andere Sichtweise ihre Argumente.

Unterhalb der Verfassungswidrigkeit ist bekanntlich jede Auslegung erlaubt.

Ich sehe mich daher - auch als Jurist - nicht in der Lage, diesen Gegenstand unparteiisch zu erörtern - ganz so wie ich es bei den bundesdeutschen Strafgerichten erlebte, deren Richter sich auf Grund ihres durch ihre Biografie bedingten Vorverständnisses in diesbezüglichen Strafverfahren keineswegs als unparteiisch erwiesen.

Ich darf das an folgendem persönlichen Erlebnis als Strafverteidiger in dem ersten gegen einen jungen Grenzsoldaten der DDR in Berlin geführten Strafverfahren illustrieren: In den Verhandlungen war von der Verteidigung, insbesondere auch von Kollegen aus München, selbstverständlich auf ähnliche Vorgänge eines Schusswaffengebrauchs mit Todesfolge an der Westgrenze der Bundesrepublik verwiesen worden. Wir hatten also zwei recht gleichartige Fälle vor Augen, die unter strafrechtlicher Sicht, das heißt im Hinblick auf die individuelle persönliche strafrechtliche Verantwortlichkeit und Schuld von Individuen zu beurteilen waren. Der bundesdeutsche Beamte und der Grenzsoldat der DDR hatten beide ohne Tötungsabsicht in dienstlicher Eigenschaft nach ihren durchaus ähnlich lautenden Rechtsvorschriften von der Schusswaffe mit dem Ergebnis des Todes eines Menschen Gebrauch gemacht. Nach den Maßstäbe des Strafrechts lagen die Fälle gleich.

Die juristische Beurteilung durch bundesdeutsche Gerichte war jedoch diametral entgegengesetzt. In der mündlichen Begründung des Urteils erklärte der Vorsitzende der Schwurgerichtskammer die unterschiedliche Beurteilung, namentlich die Verurteilung des DDR Grenzsoldaten in diesem Verfahren, wie folgt:

Der bundesdeutsche Beamte hatte einem Rechtsstaat gedient. Der Grenzsoldat der DDR hatte einem Unrechtsstaat gedient. Nie zuvor hatte ich eine derart eindeutig politische Begründung einer gerichtlichen Entscheidung vernommen! Dass der dann verurteilte Grenzsoldat der DDR dieses Urteil nicht verstehen konnte, darf nicht überraschen. Woher sollte er als einfacher, in der DDR in den siebziger und achtziger Jahren aufgewachsener junger Mann gewusst haben, dass er einem Unrechtsstaat gedient hatte? Hatte doch überdies kurz zuvor im Jahre 1987 der Kanzler des Rechtsstaates den Repräsentanten des Unrechtsstaates in aller Form in Bonn empfangenen und begrüßt!

Dieser vom Vorsitzenden der Schwurgerichtskammer so eindeutig formulierte Unterschied der Beurteilung strafrechtlich gleicher Vorgänge findet sich später in den Instanzen bis zum Bundesverfassungsgericht - natürlich juristisch viel feiner ausformuliert - wieder.

Auf dem Hintergrund dieser offensichtlich und unübersehbar unterschiedlichen Sichtweisen, auch unterschiedlicher rechtlicher Beurteilung, darf ich mich - zwangsläufig in Stichworten - zum Thema äußern:

Dabei muss ich als Jurist vorausschicken: Ich spreche nicht über Gut und Böse, nicht über richtig und falsch, sondern darüber, ob etwas erlaubt und zulässig ist bzw. war oder nicht, ob von Rechten oder Rechtsansprüchen Gebrauch gemacht wurde und ob es rechtliche Gebote oder Verbote gab, Rechtspflichten und rechtliche Verbindlichkeiten, also Obligationen.

Prämisse:

Die DDR war ein eigener Staat mit eigenem Staatsgebiet, Staatsvolk und Staatsgewalt, also mit allen klassischen Merkmalen eines Staates, und daher unzweifelhaft Völkerrechtssubjekt. Das wurde auch später wiederholt ausdrücklich von bundesdeutschen Gerichten anerkannt, nicht zuletzt immer wieder auch vom Bundesverfassungsgericht. Dabei folgt die Qualität eines Staates als Völkerrechtrechtssubjekt nicht aus einer Anerkennung durch anderer Staaten; sie ist vielmehr durch die staatliche Existenz als solche gegeben.

Vor dem Völkerrecht sind alle Staaten gleich. Die UN-Charta anerkennt und bekräftigt die gleiche Souveränität aller Staaten und das Verbot der Einmischung in innere Angelegenheiten beliebiger anderer Staaten. Das Völkerrecht unterscheidet nicht zwischen guten und bösen Staaten, nach Diktaturen oder Demokratien und kennt auch keine " Schurkenstaaten".

Die DDR war Vollmitglied der Vereinten Nationen und hat dort in allgemein anerkannter Weise mitgewirkt, auch in Gestalt entsprechender Repräsentation, zum Beispiel als Präsident einer Vollversammlung. (Dass die Souveränität der DDR infolge ihrer Abhängigkeit von der Sowjetunion und ihre Einbindung in den Warschauer Pakt stark eingeschränkt war, ändert nichts an ihrer Völkerrechtssubjektivität.)

Erste Folgerung:

Die Grenzen der DDR waren Staatsgrenzen, auch die Grenze zur Bundesrepublik Deutschland, und nicht etwa - wie von der bundesdeutschen Justiz durchgängig erklärt - eine lediglich innerdeutsche Grenze.

Übrigens wurde auch in der 35-jährigen Praxis seitens der Bundesrepublik Deutschland die Grenze der DDR zu ihr durchaus als Staatsgrenze angesehen und behandelt, und nicht etwa als lediglich innerdeutscher Grenze, wie zwischen zwei Bundesländern.

Zweite Folgerung:

Ein Staat darf vor dem Völkerrecht auf seinen Staatsgebiet (gem. der Gebietshoheit und dem Grundsatz der territorialen Integrität) grundsätzlich alles tun, was er im Staats-Interesse für erforderlich hält.

Dementsprechend war in Art. 7 der Verfassung der DDR in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht der Grundsatz der Gebietshoheit, der territorialen Integrität und der Unverletzlichkeit der Grenze fixiert und die Gewährleistung dieser als Verfassungsauftrag an Staatsorgane und Bürger formuliert worden.

Der vorerwähnte junge DDR-Grenzsoldat handelte somit gemäß einem Verfassungsauftrag.

Ein Staat darf  den Verkehr an seinen Grenze kontrollieren, die Bedingungen für Ein- und Ausreise sowie für den grenzüberschreitenden Warenverkehr festlegen und für erforderlich gehaltene Sicherheitsmaßnahmen ergreifen, so weit diese nicht die Interessen anderer Staaten verletzen - oder was vorliegend in Bezug auf die DDR relevant war - die Interessen der Alliierten.

Genau dies hatte die DDR bei den Maßnahmen vom 13. August 1961 beachtet, was an der Reaktion der westlichen Seite, insbesondere der Alliierten ablesbar war. Übrigens hat das Bestehen der "Mauer" seit 1961 und auch die bekannt gewordenen Fälle von "Toten an der Mauer" die Völkergemeinschaft nicht gehindert, auch die DDR als Vollmitglied der Vereinten Nationen aufzunehmen.

Dritte Folgerung:

Ein Staat darf vor dem Völkerrecht Rechtssetzungen, auch auf dem Gebiet des Strafrechts, so vornehmen, wie er sie im Staatsinteresse für erforderlich hält. Es besteht der Grundsatz der Rechtsetzungsfreiheit. Dies hat das BVerfG in seiner Spionageentscheidung vom 15. Mai 1995 (BverfGE 92,3 120) ausdrücklich bestätigt. Grenzen für die Rechtssetzung können sich aus internationalen Verträgen ergeben, so dann viel später auch aus den beiden Menschenrechtspakten für die Staaten, die diesem beigetreten waren.

Vierte Folgerung:

Jeder Staat darf von Völkerrechts wegen diejenigen Maßnahmen ergreifen, die er zur Verteidigung seiner Existenz, zur Aufrechterhaltung seiner Wirtschaft und des Lebens seines Staatsvolks für geboten hält, so weit er dabei nicht die Interessen anderer Staaten verletzt oder soweit er völkerrechtliche Verpflichtungen in Bezug auf Rechte seiner Bürger missachtet. Dabei hat ein Staat, auch die DDR, Ermessensfreiheit hinsichtlich der Wahl der Mittel und bei der Abwägung der verschiedenen Interessen und verschiedenen Rechtsgüter.

Es darf nicht vergessen werden, dass die bis zum August 1961 offene Westgrenze insbesondere in Berlin, vielfältige Nachteilen und auch Gefahren für die DDR mit sich brachte (nicht nur in Gestalt von Spionage oder Eindringen von faschistischen Elementen, Symbolen, Schriftstücken usw.) Berlin war ein Eldorado aller möglichen Geheimdienste. In Berlin hatte überdies das Grenzgängerwesen unter den Bedingungen der Existenz zweier Währungen und des Währungsgefälles für die DDR Wirtschaft, besonders in Ost-Berlin ganz beträchtliche wirtschaftliche Nachteile mit sich gebracht. Es ist allgemeinkundig, dass es DDR-Bürger, namentlich in Ost-Berlin, gab, die in Westberlin arbeiteten, aber die Vorzüge billiger Mieten und Lebensmitteln im Osten nutzten. Andererseits nutzten viele Westberliner die Möglichkeit, in Ost-Berlin billig einzukaufen und preisgünstige Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, zum Beispiel, zum Friseur zu gehen. Das trug zu großer Unzufriedenheit bei den ost-berliner Werktätigen bei, weil sie gegenüber den West-Berlinern benachteiligt waren. Jedenfalls hat damals in Ost-Berlin Ende der 50er Jahre und bis ins erste Halbjahr 1961 hinein eine Mehrheit von Bürgern - und zwar nicht bestellte Claqueure - von der Regierung gefordert, die Grenzen „dicht zu machen ".

Die seit Ende der 40er Jahre zu beobachtende Abwanderung nach Westdeutschland, besonders von arbeitsfähigen jüngeren Menschen, also Verluste von Arbeitskräften für die DDR, hatte seine Ursache auch  in der wirtschaftlichen Entwicklung des Westens Deutschlands, im bundesdeutschen Wirtschaftswunder, ganz so wie wir es auch heute weiterhin beobachten; seit 1990 wanderten weitere anderthalb Millionen in den Westen.

Die Maßnahmen vom 13. August 1961, insbesondere auch der Mauerbau in Berlin, erfolgten zwar auf dem Staatsgebiet der DDR. Es handelte sich aber um Maßnahmen des Warschauer Paktes, dem die DDR angehörte und die nicht zuletzt zu ihrem Schutz vereinbart wurden. Diese Grenzsicherungsmaßnahmen waren im übrigen überall an den Außengrenzen des Warschauer Paktes angelegt worden, anderswo schon viele Jahre vorher.

Weiterhin sollte nicht übersehen werden, dass allgemein, auch bei der Bevölkerung der DDR, die Hoffnung bestand, durch Vereinbarungen zwischen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland bzw. dem Senat von Berlin einen geregelten Grenzverkehr zu erreichen. Dass sich diese Hoffnungen nicht erfüllten, dürfte wie bei allen zweiseitigen Vereinbarungen, die kein Diktat sein wollen, niemals nur an einer Seite gelegen haben.

Es ergibt sich:

Unabhängig von politischer, moralischer oder anderer Sichtweise waren die Maßnahmen vom 13. August 1961 vor dem Völkerrecht zulässig und legitim.

Die Schusswaffengebrauchsbestimmungen der DDR entsprachen übrigens - wie das BVerfG in seiner Entscheidung vom 24. Oktober 1996 (BverfGE 95,1 136) festgestellt hatte - durchaus den bundesdeutschen Schusswaffengebrauchsbestimmungen im Wortlaut.

An allen Grenzen, die streng kontrolliert und mit entsprechendem bewaffnetem Personal bewacht werden (so seinerzeit auch die Westgrenze der Bundesrepublik Deutschland), gilt, dass die Verhinderung einer Flucht auf dem eigenen Staatsgebiet bewirkt werden muss, notfalls auch durch Einsatz von Schusswaffen, denn andernfalls entkommt die betreffende Person dem Herrschaftsgebiet des betreffenden Staates. (Und die DDR-Grenzsoldaten waren keine Mauerschützen oder Killer, sondern einfache normale junge DDR-Bürger, die zum Wehrdienst eingezogen worden waren). Einschränkungen der Rechtssetzungsfreiheit eines Staates können sich, wie bereits vermerkt, aus dem Völkerrecht ergeben, so wenn Staaten sich in völkerrechtlichen Verträgen zu solchen verpflichten. Das geschah durch die beiden Menschenrechtspakte des Jahres 1966, die jedoch erst 1976 in Kraft traten.

Zunächst ist zu betonen, dass diese Menschenrechtspakte sich an die beteiligten Staaten, die diesen beigetreten waren, als solche, als Normadressaten, als Völkerrechtssubjekte richteten und diese kraft multilateralen Vertrages zur Einhaltung dieser Pakte verpflichtet waren, nämlich vor allem zur Umsetzung der Regelungen dieser Pakte in das innerstaatliche Recht. Subjektive Rechtsansprüche der einzelnen Bürger eines Staates ergeben sich aus den völkerrechtlichen Verträgen noch nicht.

Für die DDR kann festgestellt werden, dass die Regelungen dieser beiden Menschenrechtspakte, nämlich dessen über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, sowie auch dessen über politische und  Bürgerrechte, in der Rechtsordnung der DDR fast durchweg bereits umgesetzt waren.

Offen war im wesentlichen nur ein Absatz eines Artikels des zweiten Paktes, hinsichtlich dessen es seinerzeit an einer entsprechenden Regelung im DDR-Recht fehlte. Das war der Art. 12 Abs. 2, der das Recht auf Ausreise vorsah, wobei zu beachten ist, dass der Abs. 3 des Artikels 12 dieser Menschenrechtskonvention den Staaten Einschränkungen einräumt, unter denen sie die Ausreise nicht gewähren. (Auch das ist eine Ermessensentscheidung der betreffenden Staaten). Eine entsprechende Umsetzung ins innerstaatliche Recht der DDR hat unzweifelhaft zu lange gedauert - auch wenn die internationale Staatenpraxis den einzelnen Staaten generell sehr lange Zeit, oft viele Jahre, für die Umsetzung der Bestimmungen internationaler Verträge in ihre nationale Rechtsordnung lässt.

Vor allem aber muss klargestellt werden, dass die Bestimmung über das Menschenrecht auf Ausreise und die zu spät erfolgende Umsetzung des Art. 12 Abs. 2 in das innerstaatliche Recht der DDR keineswegs direkt etwas mit dem Grenzregime und den " Toten an der Mauer " zu tun hat. Die fälliggewordene Umsetzung des Artikels 12 Abs. 2 betraf verwaltungsrechtliche Regelungen, insbesondere Klarstellung der Voraussetzungen, unter denen die Ausreise gewährt wird oder unter denen sie mit Rücksicht auf Abs. 3 rechtlich einwandfrei nicht gewährt wird. Nachdem unter dem 15. September 1983 eine Verordnung zur Regelung von Fragen der Familienzusammenführung und der Eheschließung zwischen Bürgern der DDR und Ausländern erlassen worden war, folgte erst am 30. November 1988 eine umfassende Rechtsvorschrift über Reisen von Bürgern der DDR nach dem Ausland. (Diese Vorschrift sah übrigens auch vor, im Falle von Ablehnungen der Gesuche sich an Gerichte zu wenden).

Aus juristischer Sicht ist weiterhin folgendes bedeutsam:

Die Bundesrepublik Deutschland hat - offensichtlich aus politischen Gründen - die Staatsbürgerschaft der DDR-Bürger nicht anerkannt, obwohl die DDR ein Staat mit allen Merkmalen eines Staates war. Vielmehr wurden DDR-Bürger in der Bundesrepublik Deutschland oder auch im mit ihr verbundenen westlichen Ausland praktisch so behandelt, als wären sie Bundesbürger; jedenfalls bedurfte es mitunter schon entschiedener Widersetzung gegen solche Behandlung. Das war zweifellos eine einmalige unnormale Situation, die es sonst zwischen Staaten nicht gab. DDR-Bürger, die ihren Staat verließen, zählten sofort als Bundesbürger. Sie bedurften keiner besonderen Aufnahmeverfahren in der Bundesrepublik Deutschland.

In dieser tatsächlichen Lage der Nichtanerkennung der Staatsbürgerschaft der DDR kommt ein offensichtlicher Interessengegensatz zwischen beiden deutschen Staaten zum Ausdruck: Die Bundesrepublik strebte die Beseitigung der DDR an. Die DDR war selbstverständlich, und jedenfalls völkerrechtlich durchaus legitim, an der Erhaltung ihrer Staates interessiert. Es hätte auf politischer Ebene eines Interessenausgleichs mit wechselseitigem Entgegenkommen bedurft, etwa der Anerkennung der Staatsbürgerschaft der DDR auf der einen Seite und der Normalisierung der Ausreisemöglichkeiten für DDR-Bürger auf der andern Seite.

In diesem Zusammenhang soll nicht unausgesprochen bleiben, dass auf Seiten der Bundesrepublik ein Interesse am Fortbestehen des Grenzregimes und von Todesfällen an der Mauer angenommen werden kann; denn solches wirkte - auch international und zunehmend bei DDR-Bürgern - gegen die DDR und ihren Fortbestand. Demgegenüber war die DDR und insbesondere ihre Führung nachvollziehbar nicht an Todesfällen an der Staatsgrenze zur Bundesrepublik interessiert.

Aufgrund meiner Erlebnisse und Erfahrungen als Strafverteidiger darf ich auf folgendes aufmerksam machen: Fluchtwillige, die bei ihrem ungesetzlichen Grenzübertritt auf Anruf und Warnschuss reagierten, retteten in jedem Falle ihr Leben. Diejenigen aber, die - des Öfteren buchstäblich – „ins Feuer“ rannten, riskierten ihr Leben, handelten selbstmörderisch. Dessen waren sich – wie vernommene Zeugen bekundeten - die betreffenden Fluchtwilligen, regelmäßig junge Männer, durchaus bewusst. Vielfach waren sie von Freunden oder Familienangehörigen vor solchem lebensgefährlichen Unternehmen gewarnt worden. Doch sie schlugen solche Warnungen in den Wind.

Auch ist gewiss: Wenn seitens der Bundesrepublik Deutschland und seitens westlicher Medien genügend eindringlich vor solchen lebensgefährlichen "Grenzdurchbrüchen" gewarnt worden wäre, hätte es - da die Betreffenden, wie wir aus den Strafverfahren wissen, sich innerlich auf den Westen eingestellt hatten - jedenfalls nicht so viele „Tote an der Mauer“ gegeben.

 

Quelle: Weißenseer Blätter Heft 2 / 2001

http://www.weissenseerblaetter.de/h01_02.htm